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Vortrag anlässlich des 40. Jahrestages des Baubeginns des Schnellen Brüters in Kalkar am 8. März 2013

Das Wunderland Kalkar wuchs in den letzten 16 Jahren zu einem Ort des Vergnügens, was sich vor 40 Jahren bei Baubeginn des „Schnellen Brüters“ noch keiner vorstellen konnte. Mit mittlerweile 1000 Betten in mehreren Hotels, einer 6000 m² großen Messehalle und einem Freizeitpark mit rund 40 Fahrgeschäften ziehen es jährlich 500.000 Besucher an den Niederrhein ins Wunderland Kalkar. Der Touristikmagnet im Grenzgebiet Deutschland – Niederlande ist mit 120 Festangestellten, 150 Saisonkräften und 150 Aushilfen einer der größten Arbeitgeber der Region.

Der Ort an dem sich nun das Wunderland Kalkar steht, ist ein sehr geschichtsträchtiger Ort. Er ist ein Meilenstein in der Energieschichte Deutschlands. Um die Rolle des „Schnellen Brüters“ besser verstehen zu können lud das Wunderland Kalkar am 8.3.13 zu einem Vortrag von Prof. Dr. Ing. W. Kottnik von der Universität Mannheim ein. „Die Energieversorgung Deutschlands in den letzten 50 Jahren“ zeigte den Zuhörern nicht nur wie vor 50 Jahren Energie gewonnen wurde, sondern wie es dazu kam dass unsere heutige Energiegewinnung so ist wie sie ist. Welche Fehler begangen wurden und welche Auswirkung sie hatten und haben erklärte Prof. Dr. Ing. W. Kottnik. Ein Vortrag der fernab jeden Medieneinfluss die nackte Wahrheit ans Licht brachte wollen wir euch nicht vorenthalten.

 

Die Energieversorgung Deutschlands in den letzten 50 Jahren

Vortrag anlässlich des 40. Jahrestages des Baubeginns des Schnellen Brüters in Kalkar am 8. März 2013

In seinem Vortrag spannt Prof. Kottnik, der Energiewirtschaft an der Hochschule Mannheim lehrt, einen Bogen von der Energiesituation in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bis zu den aktuellen Herausforderungen der Energiewende.

Vor dem Hintergrund der aufstrebenden deutschen Wirtschaft in den 60er Jahren zeichnete sich wegen begrenzter und teurer Kohlevorräte und ebenfalls begrenzter holländischer Erdgasvorkommen, aus denen Deutschland beliefert wurde, eine Energieknappheit ab. Auswege wurden in der zusätzlichen Erdgasbeschaffung aus Sibirien gesehen, wofür aber zunächst noch die Pipelines gebaut werden mussten ("Erdgas-Röhren-Geschäft") und in der Nutzung der weltweit im Vormarsch befindlichen Kernenergie. Alle damaligen politischen Parteien forderten vehement den Einstieg in die Kernenergie, obwohl Skeptiker - insbesondere aus der Energiewirtschaft selbst - auf die Risiken verwiesen.

Die Politik setzte sich schließlich durch und es kam mit dem Atomgesetz von 1959 zur Begründung des Kernenergiezeitalters in Deutschland. Die Energieversorgungsunternehmen investierten gemäß den politischen Vorgaben in die Kernenergie und parallel wurden die Erdgasnetze nach Russland und innerhalb Deutschlands weiter ausgebaut.

Bedingt durch die Ölkrise in 1973 forcierte die Bundesregierung den Ausbau der Kernenergie (Kanzler Schmidt forderte 1974 den Bau von 40 KKW bis 1985).

Wegen des damals weltweit sehr ambitionierten Kernenergieausbauprogramms drohte allerdings ein weiteres Risiko, nämlich die Verknappung und somit Verteuerung des Kernbrennstoffs Uran 235. Nur die spezielle Technik des Schnellen Brüters konnte hier Abhilfe schaffen aufgrund seiner besonderen Eigenschaft aus dem unendlich reichlich vorhandenen nicht spaltbaren Uran 238 einen Kernbrennstoff zu erbrüten. Damit war eine weitgehende Unabhängigkeit von Uraneinfuhren gegeben, weswegen sich alle großen Industrienationen der Brüterentwicklung widmeten.

In den siebziger Jahren begann aber auch ein Umdenken in der Bevölkerung, welches die Risiken der Kernenergie stärker betonte und in zunehmendem Maße eine Abneigung gegen die Kernenergie entwickelte, ohne dass dafür eine Ersatzlösung in Sicht war.

Dass die Politik hier auch nicht frei von Widersprüchen war, zeigt die Tatsache, dass 11 Jahre nach der Forderung von Kanzler Schmidt nach weiterem Ausbau eine ebenfalls SPD-geführte Landesregierung in NRW die Betriebsgenehmigung des Brüters verweigerte. Wegen der weltweit eingetretenen Stagnation beim Kernenergieausbau und weiteren Uranfunden war auch das Risiko der Verknappung gebannt und der strategische Nutzen des Brüters nicht mehr gegeben. Viele Nationen stellten daher die Brüterentwicklung wieder ein.

Somit konzentrierte sich die Stromerzeugung über etwa 15 Jahre auf die drei Säulen Braunkohle, Steinkohle und Kernenergie, die je etwa 25 beisteuerten mit einem ständig wachsenden Anteil Erdgas.Erst mit der Verabschiedung des Stromeinspeisegesetzes und des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (EEG) wurde in den 90er Jahren die Entwicklung der Erneuerbaren angeschoben, so dass sie ab der Jahrtausendwende merklich zur Stromerzeugung beitrugen und inzwischen rund 25 erreichen.

Durch den 2011 beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie geht deren Anteil nun merklich zurück mit der Perspektive, 2022 gänzlich verschwunden zu sein.Man könnte meinen, mit dem Ausstieg aus der Kernenergie einerseits und dem Vormarsch der Erneuerbaren andererseits wäre der Königsweg gefunden bei der immer währenden Suche nach der optimalen Energieversorgung Deutschlands.

Doch weit gefehlt! Die in Deutschland verbrauchte Energie wird zu rund 73 importiert und führt somit zu einer hohen Importabhängigkeit. Die Energieeinfuhr kostet etwa 95 Mrd €/Jahr. Hauptimportenergie ist Erdöl.

Die eigentlichen Herausforderungen stehen nun erst noch bevor.

Auch ein ambitiöser Ausbau der Erneuerbaren bis auf z.B. 50 in 2030 erfordert, dass die anderen 50 immer noch aus herkömmlichen Kraftwerken kommen müssen. Außerdem führt die Verlagerung der windbedingten Erzeugung nach Norden und die Abschaltung mehrerer KKW im Süden, wo hoher Strom bedarf herrscht, zu einer völlig neuen Netzstruktur, die erst noch geschaffen werden muss.

 

Weiterhin muss das Problem gelöst werden, volatile Erzeugung dem Strombedarf anzupassen durch Lastverlagerung und Bau von Stromspeichern. Dazu sind wiederum intelligente Netze erforderlich, die gerade erst in Forschungsprogrammen entwickelt werden.

Hinzu kommt ein riesiger Kapitalbedarf, der von Investoren erbracht werden muss, die aber eine auskömmliche Rendite erwarten. Dies wird die Energie enorm verteuern, worüber auch politische Sonntagsreden nicht hinwegtäuschen können.Dies trifft auf eine heuchlerische Haltung in der Bevölkerung, die zu 73 die Energiewende bejaht, 55 wollen aber nicht mehr Geld für die Energie bezahlen.

Hier wird es ein böses Erwachen geben. Doch das muss uns nicht zurückwerfen.

Denn ob mit oder ohne Energiewende: die Energie wird auf jeden Fall teurer und mit unserer hohen Importabhängigkeit (über ein Drittel unseres importierten Öls und Erdgases kommen aus Russland) sind wir wirtschaftlich und politisch erpressbar, zumal ab 2025 mit einer deutlichen Zunahme der Importabhängigkeit aus Russland zu rechnen ist.

Prof. Dr. Ing. W. Kottnik

Prof. Dr. Ing. W. Kottnik

Die Energiewende muss gelingen! Und die Politik ist hier aufgefordert, den Bürgern reinen Wein einzuschenken und muss die Vision vermitteln, Deutschland auf eine weniger importabhängige Energieversorgung umzustellen. Dabei darf aber nicht weiter Geld vergeudet werden durch unkoordiniertes Vorgehen sondern es müssen klare Perspektiven entwickelt und umgesetzt werden. Dann werden die Bürger auch folgen.

Außerdem besteht in unserer Gesellschaft noch ein hoher Bedarf an Aufklärung beim Umgang mit Energie. Es wird nach wie vor zu viel Energie verschwendet. Daher muss auch die Energieeffizienz in unserer Wirtschat aber auch in den
Privathaushalten verbessert werden. Die Energie, die wir nicht brauchen, müssen wir auch nicht teuer produzieren!